Text + Bild: Eberhard Weilke

Wie kommt man auf die Idee, aus einem dem Abbruch geweihten Gebäude ausgerechnet den Boden herauszubrechen?

Die Frage ist schnell beantwortet: Ich habe beruflich viel mit Bodenbelägen zu tun und da entwickelt sich zwangsläufig eine gewisse Leidenschaft für schöne Böden.

Die viel größe Frage war für mich daher, wie man den Eigentümer des Gebäudes dazu bringt, uns die Genehmigung zu erteilen, den Boden herauszubrechen? Zumal der Eigentümer eine der größten Firmen Deutschlands ist und so eine Anfrage gerne mal in den Hierarchieleitern verendet. 

 

Wir waren deshalb sehr überrascht, als wir kurz vor endgültigem Abbruch des Gebäudes doch noch die Möglichkeit erhielten, mit unserem Werkzeug das Gebäude 134b zu besuchen. Nach einem ersten Testausbruch mit Hammer und Meißel an einem Freitagnachmittag waren ursprünglich für die Folgewoche zwei Termine angesetzt.

Ich gebe zu, das war etwas ambitioniert...

 

Mit Markus Trompka fand ich einen Mitstreiter, der meiner Bitte, mir an zwei Tagen mit seinem Elektromeißel und Arbeitskraft zu helfen, ohne langes Zögern folgte. Aber auch für uns zwei waren zwei Tage sehr ambitioniert...

 

Bald fanden wir nämlich heraus, dass nur im Randbereich sich die Platten relativ leicht lösten, über weite Strecken betrug die Ausbeute an brauchbaren Platten mit minimalen Abplatzern nur etwa 10%.

Der Rest wurde Schotter.

 

Am besten bewährte sich die Strategie, die Platten von zwei Seiten freizulegen und dann vorsichtig anzuheben. Auch wenn dann häufig doch noch die letzte Ecke brach, hin und wieder waren doch brauchbare Platten dabei.

 

Noch mehr Schotter im Abendlicht.

 

Klassiker der Moderne

Da der Auszug des im Keller befindlichen Archivs sich etwas verzögerte, erhielten wir eine weiter Woche Zeit. Mario De Rosa sowie die Brüder Markus und Uwe Dörr stießen hinzu, so dass wir insgesamt zu fünft zugange waren. Schon in der ersten Woche hatten wir herausgefunden, dass der Fahrzeugaufzug noch funktionierte. Für uns hatte das zwei Vorteile:

- Wir mussten das Werkzeug nicht mehr so weit schleppen.

- Wir konnten noch eine allerletzte Autoausstellung ausrichten unter dem Titel:

"Klassiker der Moderne: Funktionalismus im schwäbischen Automobildesign der 70er und 80er Jahre"

 

Zugegeben, es hatte schon etwas sehr Besonderes, mit dem eigenen Auto frei im Museum herumfahren zu können. Nach dem Meilenmillionärstaxi aus Lissabon dürfte mein rotes T-Modell das zweite Fahrzeug aus der Baureihe W 124 überhaupt gewesen sein, das es in den zweiten Stock des Museums geschafft hat. Hier standen früher solche Schätze wie die C111-Wankelwagen, die Papst-Wagen, Flügeltürer, Adenauer-Coupe...

 

Und jetzt mein Wagen. Im Museum. Schön.

 

Ich hab mir auch gleich eine Schramme in den Kotflügel gefahren. Die bleibt drin, die Museumsschramme...

 

Mit dem T1-Transporter gesellte sich ein Vertreter der leichten Nutzfahrzeuge zu unserer Kleinstausstellung. Da es sich um eine frühe Benziner-Version handelte, dürfte dies auch der erste M 115-Motor hier oben in den heiligen Hallen gewesen sein.

 

Natürlich kam die Arbeit nicht zu kurz. So langsam füllten sich die Gitterboxen mit den Platten für die Auktion. In die erste Sortierung kamen etwa 360 Platten, das Stück wiegt 5,5 kg. Das sind fast zwei Tonnen Material. Zusammen mit den Ausschuss-Platten und den Schotterresten dürften wir etwa 15 Tonnen Material bewegt haben.

 

Beim Material für die Auktion akzeptierten wir nur minimale Abplatzer an den Kanten, gelegentlich brach auch ein weißer Kiesel im Randbereich aus. Um ungleichmäßige Belastung bei der Lagerung zu reduzieren, entfernten wir mit Fäustel und Meißel die Mörtelreste von der Rückseite und legten jeweils eine Lage Luftpolsterfolie zwischen.

 

 

Zum weiteren Schutz legten wir die Platten abwechseln "Gesicht auf Gesicht" und "Rückseite auf Rückseite".

Zusammen mit der hier entwickelten Verfahren lassen sich die Platten wieder so verlegen, dass der optische Eindruck der ursprünglichen Fläche weitestgehend wiederhergestellt wird.

 

 

Drei Gitterboxen mit jeweils 120 handsortierten und handgesäuberten Platten warten auf den Auktionsgewinner, ausreichend für etwa 30 qm Fläche.

 

Was muss, das muss. Am Schluss arbeiteten wir bis 23 Uhr, inzwischen hatte man uns den Schlüssel des Museums anvertraut. Zum Glück war auch der Werksschutz informiert...

 

...denn wir hätten wirklich keine Ausrede für unser nächtliches Treiben parat gehabt.

 

Auch wenn die Arbeit anstrengend war, die magische Atmosphäre des Gebäudes, das für uns fünf aus dem Rückbautrupp mit vielen Erinnerungen an frühere Museumsbesuche verbunden war, werden wir nie vergessen.