Text + Bild: Pressematerial Daimler AG

Die ersten Kollektionen bei Daimler und Benz in der Frühzeit der Unternehmen dienen zunächst als interne technische Archive, in denen Konstruktionsstudien oder Patentrecherchen direkt am Objekt möglich sind. Doch die Fahrzeuge sind mehr als bloße Belege der einst produzierten Modelle. Sie stehen für die Erfindung des Automobils, für die Originalität und Geschichte des ältesten Automobilherstellers der Welt. Zunehmend rücken sie deshalb schon um 1900 als Zeugen der Entstehung des Automobils in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Staunend stehen 1899 die Besucher der ersten „Internationalen Motorwagen-Ausstellung“ in Berlin vor frühen Fahrzeugen aus der Werkstatt von Gottlieb Daimler. Als Zeugen der Geburtsstunde des Automobils ziehen die Exponate der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) in der „Historischen Abteilung“ das Interesse auf sich. Dreizehn Jahre also ist es schon her, dass Daimler und Benz das Auto erfunden haben. Welch große Fortschritte hat die Technik seither doch gemacht – das zeigt den Automobilenthusiasten der Vergleich zwischen diesen ersten Automobilen und den aktuellen Fahrzeugen des Jahres 1899. Noch stärker rückt der historische Aspekt im Jahr 1900 in den Mittelpunkt, als die DMG in Nürnberg zur Motorfahrzeug-Ausstellung Gottlieb Daimlers „Reitwagen“ von 1885 sowie ein Motorboot von 1886 zeigt. Bei Benz gibt es eine ähnlich bedeutende Sammlung, wie die „Allgemeine Automobil-Zeitung“ 1903 berichtet: „Auch die Rheinische Gasmotorenfabrik Benz und Co., Mannheim, besitzt in ihren Motorfahrzeugtypen aus den Achtzigerjahren Objekte von hohem historischen Werte.“

Auch die Daimler-Motoren-Gesellschaft setzt auf ihre historischen Fahrzeuge, wenn es besondere Anlässe zu feiern gibt. So präsentiert sie den 1000. gebauten Motor Ende 1895 zusammen mit einem Stahlradwagen und dem 1885 gebauten Reitwagen für das offizielle Foto. „Hoch die Firma, sie soll leben, Einigkeit mit Fahrt und Segen“, so steht auf einer Tafel gereimt, die zwischen den beiden Fahrzeugen aus der Frühzeit der Daimler-Produktion aufgestellt ist. Daneben stehen Plakate von internationalen Technik- und Motorausstellungen, die vom Erfolg der jüngsten Daimler-Produkte zeugen.

Frühe Wurzeln des Mercedes-Benz Museums liegen in den historischen Sammlungen der beiden Marken. Denn diese ziehen nicht nur mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten bei Automobilausstellungen das Interesse des Publikums auf sich. Auch am Standort locken die Kollektionen hochrangige Besucher an, die neugierig sind auf die Herkunft des Automobils. So dokumentiert eine Fotografie aus dem Jahr 1910 den Besuch einer osmanischen Delegation im Sammlungsraum mit historischen Fahrzeugen der Daimler-Motoren-Gesellschaft, die nach dem Brand in Cannstatt in das neue Werk Untertürkheim umgezogen ist. Trotz der Verluste durch das Feuer ist der Bestand kontinuierlich gewachsen, immer mehr Besucher begeistern sich an den Exponaten. Im Jahre 1923 entsteht ein erstes kleines Werksmuseum der Daimler-Motoren-Gesellschaft.

 

 

50 Jahre Automobil – das erste Museum entsteht

Doch erst zehn Jahre nach dem 1926 erfolgten Zusammenschluss von Benz & Cie. und der DMG zur neuen Daimler-Benz AG richtet das Unternehmen 1936 ein wirkliches Museum ein, das von Anfang an als Schausammlung ausgelegt ist. Anlass für die Einrichtung in Räumen auf dem Werksgelände in Untertürkheim ist das 50-jährige Jubiläum der Erfindung des Automobils. „In dieser Ausstellung sind mit großer Sorgfalt alle erfassten Daimler- und Benz-Erzeugnisse von dem Ausgangsjahr 1883 an zusammengestellt, welche wichtige Stufen in der Entwicklung der Motorisierung bedeuten“, so beschreibt der Museumsführer aus dem Jahr 1938 die Sammlung.

Die Konzeption lässt den Besucher spüren, dass erst zehn Jahre seit dem Zusammenschluss der beiden Marken vergangen sind: Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der Epoche vor 1926, als Daimler und Benz noch Konkurrenten gewesen sind. Gezeigt werden 1938 laut dem „Führer durch das Untertürkheimer Museum der Daimler-Benz AG“ achtzehn Fahrzeuge der Daimler-Motoren-Gesellschaft, neun Wagen von Benz sowie sechs Automobile von Mercedes-Benz. Dazu kommen neunzehn Motoren (Standmotoren, Automobil-, Flugzeug- und Bootsmotoren), drei Schienenfahrzeuge, eine Nachbildung des Reitwagens sowie das Daimler Motorboot „Marie“ von 1888. Doch die Sammlung ist nur kurze Zeit in dieser Form zu sehen, denn das Museum wird bei Beginn des Zweiten Weltkrieges geräumt. Um die Ausstellungsobjekte vor Angriffen auf das Werk zu schützen, werden sie in verschiedene Niederlassungen in ganz Deutschland ausgelagert.

Wiederaufbau nach dem Krieg – behutsamer Neuanfang für die Sammlung

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geht es für Daimler-Benz zunächst darum, die zerstörten Werke wieder aufzubauen. Was von der historischen Sammlung in den westlichen Besatzungszonen übrig geblieben ist, wird durch minutiöse Sucharbeit aufgespürt und zurück nach Stuttgart gebracht. Auf diesem Weg erlangt die Sammlung im Jahr 1949 wieder einen respektablen Umfang, einige Lücken können in diesem Jahr bereits durch Ankäufe geschlossen werden. Auch neue Themen kommen dazu, so geht der Bestand der Rennabteilung mit Fahrzeugen, Unterlagen und anderem Material an die historische Sammlung über. Was jedoch fehlt, ist ein repräsentativer Raum, in dem die Objekte dem Publikum gezeigt werden können. Vorübergehend sind die Objekte in einem „Abstellraum für historische und Ausstellungs-Motoren, -Fahrzeuge und -Aggregate“ untergebracht. Doch das soll sich bald ändern: Erste Gespräche über die Wiedereröffnung des Museums in neuen Räumlichkeiten werden 1950 geführt, als Standort ist ein Raum im Gebäude 134a in Untertürkheim angedacht. Im August 1950 nimmt das Projekt Gestalt an, das Museum soll einen großen Präsentationsraum erhalten, dazu kommt eine Fläche als Archiv für weitere Teile der Sammlung.

 

Eröffnet wird dieses Daimler-Benz Museum 1951, noch im selben Jahr besuchen rund 7.000 Gäste den neuen Schauraum. Die historische Ausstellung der Originale aus mehr als sechs Jahrzehnten fasziniert, und das umso mehr, als sich Mercedes-Benz mit neuen Modellen zunehmend von der Technik der Vorkriegszeit entfernt. Die Autos haben sich so stark verändert, dass eigens Monteure im Umgang mit „Motoren und Fahrzeugen aus der Frühzeit“ ausgebildet werden sollen. Diese Frage wird 1952 besonders dringlich, da sich „das Museum eines immer stärker werdenden Besuches erfreut, und die Wagen auch zu Veranstaltungen herangezogen werden“, so vermerkt der Briefwechsel zwischen Museum und dem Vorstand der Daimler-Benz AG.

Das Werk Untertürkheim wächst, und auch das Museum erweitert seine Sammlung. In den 1950er Jahren zieht die historische Schau deshalb insgesamt dreimal um. 1952 findet sich die Ausstellung mittlerweile in Gebäude 132b, im Erdgeschoss. Nun soll das Museum wieder verlegt werden, nämlich in den zweiten Stock von Gebäude 134b. Zu dieser Zeit umfasst die Sammlung bereits 221 Fahrzeuge, Chassis, Motoren und weitere Exponate. Ein Großteil davon wird in dem 1.520 Quadratmeter großen, mit Oberlicht ausgestatteten Raum ausgestellt. Bedenken gegen den Standort im zweiten Obergeschoss erweisen sich zunächst als unbegründet, denn das Gebäude besitzt Fahrstühle für den Transport von Besuchern und Ausstellungsstücken. An einigen Stellen muss allerdings die Decke verstärkt werden, um schwere Lasten aufstellen zu können – zum Beispiel Lastwagen-Dieselmotoren, die Daimler-Lokomotive und den Feuerwehrwagen von Benz. In den Nebenräumen werden Werkstätten und Büros untergebracht.

1952 entdeckt das Team des Museums auch eine Reihe seiner historischen Fahrzeuge in Ostdeutschland wieder. Während des Krieges sind neun Wagen der Baujahre 1890 bis 1911 nach Weimar und zwölf Autos der Baujahre 1885 bis 1922 nach Dresden verlegt worden. Die neun Weimarer Fahrzeuge tauchen 1952 zusammen mit sechs der Dresdner Exemplare im Technischen Museum Dresden auf. Für die Stuttgarter Sammlung sind die Wagen verloren.

 

Im März 1953 bezieht das Museum seinen neuen Raum in Gebäude 134b. Mit zunehmendem Engagement suchen die Stuttgarter Geschichtsbewahrer nun nach fehlenden Leitfossilien der Markenhistorie. So geht im Juli 1953 ein Schreiben an alle Daimler-Benz Niederlassungen, in dem die Zentrale nach „markanten Konstruktionen aus unserem Programm“ forscht, um die Sammlung zu ergänzen. Gesucht werden jeweils ein Fahrgestell des Mercedes-Benz 12/55 PS (Baureihe W 03) mit dem frühen Dreiliter-Motor, ein Mercedes-Benz Mannheim 370 (Baureihe W 10), ein Mercedes-Benz 170 (Baureihe W 15) mit Sechszylinder-Motor und ein Fahrgestell des Mercedes-Benz 290 (Baureihe W 18).

Die Zahl der Besucher im provisorisch eingerichteten Daimler-Benz Museum steigt kontinuierlich an. Um diese Öffentlichkeit zu nutzen, überlegt man 1954, aktuelle Modelle in der historischen Sammlung auszustellen. Dafür könnten sechs Fahrzeuge und einige Flugzeugmotoren aus der Schausammlung genommen werden. Grund für die geplante Kombination aus Historie und Gegenwart ist das Fehlen eines Ausstellungsraums für Neuwagen, der in die Werksführungen eingebunden sein könnte. Aufgrund der stark gestiegenen Besucherzahlen (1954 wird eine Buslinie in Betrieb genommen, die Besucher vom Hauptbahnhof Stuttgart nach Untertürkheim bringt) wird die Idee aber bis zum Bau des neuen Museums verschoben. Denn die große Zahl der Besucher stellt die Statik des Museumsraumes im zweiten Obergeschoss schon jetzt auf die Probe. Aus diesem Grund kann 1955 auch der blaue Renntransporter nicht in die Schau aufgenommen werden: Er wäre mit seiner Ladung zu schwer für die Decke.

Doch die Situation soll sich in den nächsten Jahren ändern. 1955 beginnt die Planung für ein neues, großes Daimler-Benz Museum als eigenständiges Gebäude auf dem Gelände des Werks Untertürkheim. Baubeginn ist 1958 mitten im Werk Untertürkheim.

 

Raum für die Automobilgeschichte –
das Daimler-Benz Museum von 1961

Das von den Architekten Rolf Gutbier und Hans Kammerer geplante neue Daimler-Benz Museum wird 1961 feierlich zum 75jährigen Jubiläum der Erfindung des Automobils eröffnet. Zwischen Verwaltungsgebäuden und Werkhallen ist ein herausragender baulicher Rahmen für die Sammlung zur Markengeschichte von Mercedes-Benz entstanden. August Christ nennt das Museum in der „Automobil-Revue“ 1961 „in der Tat die wertvollste Dokumentation des Automobilbaues“.

Ganz nüchtern ziehen dagegen die beiden Architekten das Resümee ihres Auftrags: Für eine der wenigen noch freien und zentral gelegenen Flächen des Daimler-Benz Areals in Untertürkheim wird 1955 ein Vielzweckbau gefordert, der Museum, Büros, Vortragssaal und andere Räume umfassen soll. Gutbier und Kammerer sehen in dem Auftrag nichts weniger als die Herausforderung, „ein Zentrum der Daimler-Benz Werke zu schaffen“.

Vorgegeben ist eine Baulücke von 72 mal 46 Meter. Das Museum muss also in die Höhe wachsen, um genügend Raum zu bieten. Weil die Planer eine möglichst große Transparenz zwischen Museum und Werk erzielen wollten, ist der Bau durch große Glasflächen an der Front und zwei verglaste Innenhöfe geprägt. Diese Transparenz trägt der Entwurf durch ein System von Galerien und verschieden hohen Ausstellungsräumen auch nach innen. Statt massiver Säulen erhält das Gebäude ein Tragwerk aus Stahlstützen mit kreuzförmigem Querschnitt, die, hinter die Fassade versetzt, optisch äußerst leicht wirken.

So entsteht ein Museumsbau mit 42.000 Kubikmeter umbautem Raum und rund 3.250 Quadratmeter Museumsfläche, davon 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Hinzu kommen 1.000 Quadratmeter Büros, 700 Quadratmeter technische Räume und 1.200 Quadratmeter unterirdische Garagen und Depoträume. Im Erdgeschoss ist direkt in der Eingangshalle zusätzlich zur historischen Sammlung nun auch das aktuelle Programm von Mercedes-Benz zu sehen. Damit hat sich die Forderung aus den 1950er Jahren erfüllt.

Aber das Interesse von Gästen und Medien fokussiert sich bei der Eröffnung des neuen Daimler-Benz Museums am 24. Februar 1961 vor allem auf die historische Sammlung. Die Ausstellung mit ihren rund 120 Exponaten ist Ausdruck der Kontinuität von der Erfindung des Automobils bis zu technischen Innovationen der Gegenwart. Das Museum weitet den Blick aber auch über das Jahr 1886 hinaus in die Vergangenheit und sucht nach den Erfindungen und Versuchen, die zur unabhängigen Entwicklung des Kraftwagens durch Daimler und Benz führten. Professor Dr. Fritz Nallinger, Vorstandsmitglied und Chefingenieur der Daimler-Benz AG, hebt in seiner Eröffnungsrede die Bedeutung des Museums auch als Denkmal für die Mitarbeiter des Unternehmens heraus: Aus der Cannstatter Daimler-Werkstatt seien die Werke Untertürkheim, Sindelfingen und Berlin-Marienfelde hervorgegangen, aus der Benz-Werkstatt in Mannheim T6, 11 die Werke Mannheim und Gaggenau. In diesen Fabriken hätten Generationen von Arbeitern und Angestellten gearbeitet, und für ihre Leistungen stünden die ausgestellten Originale ebenso, wie die Exponate Zeugnisse der Firmengeschichte seien.

 

Die Ausstellung umfasst 1961 mehr als 100 Fahrzeuge, dazu kommen Motoren, technische Komponenten und Modelle sowie Dokumente. Angeordnet ist die historische Schau chronologisch: Die Erfindung des Automobils und die Vorgeschichte sowie die Fahrzeuge vor 1926 haben ihren Platz im Erdgeschoss. Fahrzeuge und Fahrgestelle von Mercedes-Benz sowie Motoren für Boote, Schienenfahrzeuge und Flugzeuge sind im ersten Stock zu sehen, die Renngeschichte wird im zweiten Obergeschoss präsentiert. Zur Eröffnung unterstreicht Daimler-Benz den Zusammenhang zwischen Markengeschichte und der aktuellen Arbeit: So gehört zur Ausstellung am Eröffnungstag der Mercedes-Benz 220 SE, mit dem Karl Kling und Rainer Günzler wenige Wochen zuvor die Rallye Algier – Zentralafrika gewonnen haben. Und im Rahmen der Museumseröffnung wird auch das neue Mercedes-Benz 220 SE Coupé vorgestellt.

 

Die Reaktionen auf das neue Museum sind sehr positiv. Schon im Vorfeld gibt es kaum Zweifel daran, dass das neue Haus zum großen Erfolg werden wird. Die Zahl der Besucher hat sich bereits im provisorischen Ausstellungsraum in den Vorjahren auf rund 60.000 bis 80.000 im Jahr gesteigert, davon waren knapp die Hälfte Gäste aus dem Ausland. Nach der Eröffnung des neuen Museums erhöht sich diese Resonanz nochmals deutlich. Bereits im Eröffnungsjahr besuchen 95.127 Gäste das Museum, darunter 26.732 aus dem Ausland. Professor Dr. Fritz Nallinger unterstreicht bei der Museumseröffnung die besondere Bedeutung der Geschichtspflege für Daimler-Benz auch in schwierigen Zeiten: „Als in den Nachkriegsjahren die wichtigsten Wiederaufbau-Arbeiten unseres Werkes Untertürkheim abgeschlossen waren, hat der Vorstand unseres Hauses sehr bald beschlossen, unsere geretteten Ausstellungsobjekte in einem besonderen Raum wieder zu vereinigen und zur Besichtigung freizugeben. Mit vielen Mühen und unter Aufopferung von Raum gelang es, die Notlösung eines Museums zu schaffen. Wie richtig dies war, zeigt allein die Tatsache, dass dieses provisorische Museum von 1951 bis heute von rund 540.000 Besuchern – davon etwa 40 Prozent Ausländer – besichtigt wurde.“

 

Besuchermagnet in Untertürkheim

Immer mehr Besucher folgen in den nächsten Jahren der Faszination Daimler-Benz Museum:

  • 1963 zählt der Führungsdienst den 750.000. Besucher seit der Wiedereröffnung im Jahr 1951, der Gast kommt aus der Schweiz.

  • 1965 besuchen 101.776 Automobilinteressierte das Museum, sie werden in Deutsch und acht Fremdsprachen von Mitarbeitern des Museums über die Sammlung informiert.

  • 1966 wird der Jurastudent Peter Bornemann aus Tübingen als 1.000.000. Besucher seit der Wiedereröffnung des Museums nach dem Krieg empfangen. Daimler-Benz Technik-Vorstand Dr. Hans Scherenberg zeichnet den jungen Mann aus. An der Identität des Millionen-Besuchers besteht trotz der hohen Zahl kein Zweifel, erklärt der Führungsdienst des Museums stolz und verweist auf die handschriftlichen Besucherlisten, die kontinuierlich seit der Museumseröffnung 1951 geführt worden sind.

  • 1969 kommen 144.520 Besucher in das Museum. Nicht nur die Zahl der Gäste steigt kontinuierlich, sondern auch die ihrer Herkunftsländer: 129 Nationen sind es in diesem Jahr.

  • 1970 vermerkt die Statistik im April den 1.500.000. Besucher, es ist Birger Brokhaug, Leiter des Technischen Überwachungsvereins in Kongsberg (Korsberga), Schweden, und Präsident der nordeuropäischen TÜV-Ingenieure.

  • 1971 feiert das neue Museum zehnjähriges Jubiläum. Seit 1961 sind neben der umfangreichen ständigen Ausstellung mehrere Sonderschauen gezeigt worden. Themen waren unter anderem die Geschichte der Zündung und die Entwicklung des Getriebes von 1886 bis zur modernen Automatik. Mercedes-Benz hat in dieser Zeit kontinuierlich in aller Welt Exponate angekauft, um die Sammlung zu ergänzen. Die Wiedereröffnung nach dem Zweiten Weltkrieg liegt mittlerweile zwanzig Jahre zurück, seitdem haben 1.643.000 Besucher das Museum besucht.

  • 1973 empfängt das Museum seinen 2.000.000. Besucher. Am selben Tag kommt ein Benz Dos-à-Dos (Baujahr 1899) als neues Fahrzeug ins Museum.

100 Jahre Automobil –
ein neues Konzept für das Museum

Auf der Höhe des Erfolgs wird das Daimler-Benz Museum 1985 geschlossen. Grund sind eine umfassende Renovierung und die grundlegende Neugestaltung und Erweiterung für das Jubiläum „100 Jahre Automobil“ im Jahr 1986.

Das Konzept für die Neugestaltung haben die Architekten Dieter Herrmann, Knut Lohrer und HG Merz entwickelt. Im Zentrum ihres Entwurfs steht ein verändertes Raumgefühl, das durch neue Blickachsen und optische Beziehungen zwischen den einzelnen Abteilungen entsteht. So nimmt die Architektur jene Verbindung einzelner Momente in der Geschichte von Mercedes-Benz auf, die über die bloße chronologische Reihenfolge hinausreicht.

Das 25 Jahre alte Gebäude von Gutbier und Kammerer erhält eine neue Front mit durchgehender Glasfassade, und durch die Überdachung der Innenhöfe wird der umbaute Raum des Museums erweitert. Die bisherigen Etagen bekommen so den Charakter von Galerien. Sie werden durch Rampen und Brücken aus Stahl erweitert, die gleichzeitig als Ausstellungsfläche und zur Erschließung der Sammlung dienen. Die Schaufläche des Museums ist auf 5.760 Quadratmeter gewachsen und bietet einen erfrischend neuen Zugang zur Sammlung. Der Besucher wählt entweder einen chronologischen Gang durch die Ausstellung, oder er besucht je nach Interesse eine Auswahl der 26 thematischen Schwerpunkte. Dieses offene Führungssystem entspricht der architektonischen Lösung mit ihren Durchblicken und Übergängen zwischen den einzelnen Stationen. Eine besondere Bedeutung hat hier die Renngeschichte erhalten, sie ist nun zu einem großen Teil auf den Rampen installiert, die von einer Etage zur nächsten führen. So werden die Fahrzeuge des Motorsports zu einem verbindenden Moment, das sich als dynamische Spirale vom Erdgeschoss des Museums bis in den zweiten Stock hinaufschraubt, vom frühesten Daimler-Rennwagen bis zu den aktuellen Wettbewerbsfahrzeugen.

Technisches Neuland betritt Daimler-Benz 1986 mit der Einführung eines Audio-Informations-Systems, das dem Besucher Informationen zu den einzelnen Exponaten vermittelt. Das System ist bis dato beispiellos für europäische Museen, denn es arbeitet nicht mit herkömmlichen Tonmedien wie Band oder Schallplatte, sondern spielt den jeweiligen Text von einem Flash-Speicher ab. Die rund 120 Sekunden langen Informationen werden kontinuierlich über Infrarotsender in einem räumlich eng abgesteckten Bereich ausgegeben.

Dem digitalen Ton der „Sound-Stick“ genannten Audio-Guides stehen 1986 auch Filme in den Inszenierungen der Ausstellung gegenüber: So sind alte Motorsportfilme und -dokumentationen für das „Renn-Kino“ bearbeitet worden. Die Inszenierung „Prominenz auf Mercedes-Benz“ stellt Kinowerke aus der Mitte des 20. Jahrhunderts und ihre Protagonisten den auf der Leinwand gezeigten Mercedes-Benz Fahrzeugen gegenüber. Als Blickfänger dient hier eine Installation zu dem Film „Die drei von der Tankstelle“. Im Zuge der Gründung der Mercedes-Benz AG – als Tochtergesellschaft von Daimler-Benz – wird das Museum 1989 in Mercedes-Benz Museum umbenannt.

 

Der Countdown läuft – Vorbereitung auf den Umzug vor die Werkstore

Zwei Jahre vor dem Umzug in das neue Mercedes-Benz Museum erreicht die historische Sammlung 2004 einen neuen Rekord: Mehr als 500 000 Besucher zählt das Museum in diesem Jahr, so viele wie noch nie seit der Eröffnung 1961. Allein gegenüber dem Jahr 2003 bedeutet diese Zahl einen Anstieg von mehr als zehn Prozent. Der 500.000ste Besucher ist 2004 der 35 Jahre alte Sun Yan aus China. Aus China kommen mittlerweile rund elf Prozent der Gäste, das ist der größte Anteil der Besucher aus einem nicht deutschsprachigen Land. 2004 wird auch die Sonderausstellung „100 Jahre Sozialgeschichte Werk Untertürkheim“ im Museum eröffnet. Diese Schau zeigt den Zusammenhang von Menschen, Arbeit und Produkten in der Geschichte des 1903 nach dem Brand der Anlagen in Cannstatt gegründeten Werks.

2005 zeichnet sich die bevorstehende Eröffnung des neuen Mercedes-Benz Museums immer stärker ab, im Februar beginnt der Transport erster Exponate in das neue Museum. Für das alte Museum bieten diese letzten Monate die Chance zu einer Reihe spannender Sonderausstellungen. Unter dem Titel „Der Countdown läuft“ wird das bestehende Haus mit besonderen Präsentationen auf dem Platz bespielt, der durch den Umzug von Exponaten in das neue Haus frei wird.

So zeigte eine Ausstellung die legendären Versuchswagen vom Typ C 111, mit denen Mercedes-Benz unter anderem den Wankel-Motor testete und Maßstäbe für das Sportwagen-Design der 1970er Jahre setzte. Ein weiteres Thema von „Der Countdown läuft“ ist die „Mercedes-Simplex Parade“, eine Sonderausstellung mit dreizehn dieser „ersten modernen Automobile“, die bis in den März 2006 dauerte. Durch diese Sonderausstellungen bekam ein Besuch im alten Mercedes-Benz Museum wenige Monate vor der Schließung noch einmal eine ganz besondere Faszination.

 

Das neue Museum führt die Tradition fort

Am 19. Mai 2006 war es dann soweit. Das neue Mercedes-Benz Museum wurde eröffnet. In nur zweieinhalbjähriger Bauzeit, von September 2003 bis April 2006, entstand ein architektonisches Highlight, das einen bemerkenswerten städtebaulichen Akzent in der gesamten Region Stuttgart setzt. Als einziges Museum der Welt kann es die mehr 120jährige Geschichte der Automobilindustrie vom ersten Tag an lückenlos darstellen. So einzigartig wie die Tradition ist auch das Ausstellungskonzept des Mercedes-Benz Museums: Auf neun Ebenen mit 16.500 Quadratmetern Fläche sind heute 160 Fahrzeuge und insgesamt mehr als 1.500 Exponate zu sehen, die sich in zwei verbundenen Rundgängen präsentieren. Die räumliche Nähe zum Mercedes-Benz Stammwerk in Stuttgart-Untertürkheim schlägt die Brücke von der Tradition zur Moderne: Das Museum zeigt, dass Automobilgeschichte stets auch nach vorn gerichtet ist. Die Basis dafür ist die beständige Innovationskraft der Marke Mercedes-Benz.

www.museum-mercedes-benz.com